Achim Jung: Zur Didaktik der Philosophie

1. Philosophie als Unterrichtsfach

Philosophie als Unterrichtsfach in der Schule findet seine Begründung in ihrem umfassenden Gegenstandsbereich. Sie steht in Beziehung zu allen anderen Fächern, die an der Schule unterrichtet werden, denn die Philosophie ist die Grundwissenschaft, aus der alle anderen Wissenschaften und mithin die auf diese aufbauenden Fächer hervorgegangen sind. Im Philosophieunterricht wird den Schülerinnen und Schülern bewusst, dass den Schulfächern Wissenschaften zugrunde liegen, die alle ihren Ursprung im philosophischen Staunen und in der dadurch in Gang gesetzten Suche nach wahrem Wissen haben. Der Philosophieunterricht stellt auf diese Weise eine Einheit der Fächer her. Er gibt den Schülerinnen und Schülern die Gelegenheit, über die Bedeutung, die Grundlagen und den Zusammenhang ihrer Fächer zu reflektieren. Diese Metareflexion kann in den anderen Fächern meist nicht geleistet werden, obwohl erst so den Schülerinnen und Schülern der Wert dieser Fächer wirklich deutlich werden kann. Indem ihnen zum Beispiel bewusst wird, dass die Chemie die Welt geistig zu erfassen sucht, können sie begreifen, warum die Chemie Stoffe durch chemische Formeln beschreibt. Die Motivation und das Interesse, das aufgrund solcher Reflexionen bei den Schülerinnen und Schülern entstehen kann, begründet den Nutzen und die Notwendigkeit des Philosophieunterrichts.

Doch ist die Philosophie kein Fach, das sich alleine in seiner Nützlichkeit begründen lässt, insofern es bestimmte sogenannte 'Schlüsselqualifikationen' vermitteln könnte, die unmittelbar wirtschaftlich nutzbar gemacht werden könnten. Die Philosophie trägt vielmehr in ganz besonderer Weise zur allgemeinen Bildung der Schülerinnen und Schüler bei.

Das allgemeine Ziel des Philosophieunterrichts ist die Vermittlung von Fertigkeiten und Kenntnissen. Die wichtigste Fertigkeit, die im Philosophieunterricht vermittelt wird, ist das Denken. Die Fähigkeit des Denkens ist jedoch Grundlage jeder Bildung. Die Vermittlung dieser Fähigkeit muss nicht weiter begründet werden, da das Denken nicht auf Brauchbarkeit und Nützlichkeit hin bewertet werden kann. Denn jede Nützlichkeitsvorgabe würde das Denken schon festlegen, würde mithin kritisches Denken unmöglich machen.

Die Vermittlung von Kenntnissen über die Geschichte der Philosophie ist gegenüber der Vermittlung der Praxis des Denkens insofern von Bedeutung als alles Denken in einer Tradition steht. Die Schülerinnen und Schüler sollten sich bewusst werden, dass sie in ihrem Selbstverständnis, ihrer Weltauffassung, ihrer Sprache und in ihrem Denken einer langen Tradition verpflichtet sind. Die Verflechtung des eigenen Denkens und Selbstverständnisses in die Geschichte erfährt der Schüler durch die Behandlung von philosophischen Texten. Er lernt dabei auch, dass das Denken des Menschen sich im Laufe seiner Geschichte gewandelt hat. Durch die Auseinandersetzung mit anderen historischen Denkweisen und Anschauungen lernen die Schülerinnen und Schüler, das eigene Denken besser zu verstehen. Zum Beispiel wird ihnen auf diese Weise deutlich, dass unsere heutige Vorstellung von Freiheit erst im 18. Jahrhundert in Abgrenzung zum Absolutismus entstanden ist. Den Wert der Freiheit können sie etwa dadurch schätzen lernen, dass sie im Unterricht mit einem Denken konfrontiert werden, das die Freiheit unterdrückt hat, zum Beispiel durch einen Text aus der Zeit des Nationalsozialismus.

Philosophisches Denken lässt sich nicht direkt auf die alltägliche Praxis anwenden. Seine Nützlichkeit lässt sich nicht mit dem Verweis auf die Erlangung von bestimmten praktischen Kompetenzen begründen. Ein häufig gegen die Philosophie erhobener Vorwurf ist geradezu, dass sie das Handeln erschwere, dass derjenige, der philosophisch denkt, weltfremd und handlungsunfähig werde. Dieser Vorwurf zeugt von einem Misstrauen gegenüber dem kritischen Denken. Denn das Nachdenken kann im Alltag durchaus als Störung empfunden werden, indem das Denken bisher unreflektiert Hingenommenes als fragwürdig erscheinen lässt. Dadurch dass die Schülerinnen und Schüler denken lernen, erhalten sie die Fähigkeit, das scheinbar Selbstverständliche einer gedanklichen Prüfung zu unterziehen, wodurch sie lernen, ihr eigenes Handeln selbständig zu beurteilen. Die Vermittlung von Urteils- und Kritikfähigkeit ist nur dann möglich, wenn an das Fach keine bestimmten Nützlichkeitsanforderungen gestellt werden.

Von der Philosophie zu verlangen, sie solle den Schülerinnen und Schülern bestimmte „Handlungsanweisungen" vermitteln, würde dem Ziel, die Fähigkeit des Denkens zu lehren, widersprechen. Philosophisches Denken darf nicht funktionalisiert werden. Deshalb kann Philosophie auch niemals eine praktische Handlungsanleitung zu einem besseren Leben liefern, denn dadurch würde sie zur Ideologie und zur Heilslehre.

Die Philosophie kann keine „Lebenshilfe" bieten, aber sie kann den Schülerinnen und Schülern Orientierungen geben. Diese Oientierungen können in die Handlungspraxis weisen, können jedoch keine Handlungsanweisungen darstellen. Indem z.B. der Philosophieunterricht die Schülerinnen und Schüler dazu anleitet, sich mit dem Leben, dem Tod und der Frage der Unsterblichkeit der Seele zu befassen, können diese Fragen doch nicht letztgültig beantwortet werden. Aber durch die Auseinandersetzung mit dem Thema Tod, können sie die Angst vor dem Tod, und vielleicht auch die Angst vor dem Leben überwinden lernen. Da Angst lähmend wirkt, kann eine solche Auseinandersetzung für die Lebenspraxis der Schülerinnen und Schüler befreiend wirken. Insofern im Philosophieunterricht solche Fragen behandelt werden, die im Alltag vielleicht nie offen und ernsthaft zur Sprache kommen, kann der Unterricht auch für die Alltagspraxis der Schülerinnen und Schüler von Bedeutung sein.

 

 2. Der Philosophieunterricht ist ein Dialog

Im Philosophieunterricht findet ein Dialog statt, einerseits zwischen dem Lehrer und den Schülern, aber auch unter den Schülern und gleichzeitig soll auch ein Gespräch in Gang kommen mit dem behandelten Text. Das gemeinsame Gespräch kann für die Schülerinnen und Schüler ein Ort der Selbsterkenntnis und Selbstvergewisserung sein. Die gedankliche Auseinandersetzung und der Austausch der Standpunkte über Lebensfragen, kann ihnen helfen mit ihren Problemen besser fertig zu werden.

Der Philosophieunterricht ist ein Ort einer Entwicklung eigenen Denkens und der geistigen Begründung des eigenen Handelns. Dies muss sich immer im Dialog vollziehen. Im Philosophieunterricht soll eine Gesprächs- und Argumentationspraxis vermittelt werden, die es den Schülerinnen und Schülern erst erlaubt, ihre Gedanken zu formulieren. Denn erst, indem es zur Sprache kommt, kann sich das Denken entwickeln. Das Ziel des Unterrichts muss es deshalb sein, sie zu einer deutlichen Ausdrucksweise und zu einem klaren und logischen Argumentieren anzuleiten.

 

 

 3. Das philosophische Staunen

Der Ursprung der Philosophie liegt nach Platon in der Fähigkeit des Menschen begründet zu staunen. Denn derjenige, der staunt und sich über etwas wundert, stellt grundsätzliche Fragen nach dem, was sein Staunen hervorruft. Wer nicht mehr die Fähigkeit hat, sich zu wundern, wird auch keine philosophischen Fragen stellen können. Das Staunen muss daher immer der Grundimpuls sein, von dem der Unterricht ausgeht. Bei der Behandlung eines Textes sollte den Schülerinnen und Schülern immer bewusst werden, welche Grundfragen den Autor zum Nachdenken veranlasst haben. Bei der Lektüre von John Locke zum Beispiel, sollte ihnen deutlich werden, welche Beunruhigung in der Frage nach der Verlässlichkeit unserer sinnlichen Wahrnehmungen steckt. Das Staunen über die Bedeutung der Sinne für unser Erkennen kann für die Schüler zum Ausgangspunkt für eigenes philosophisches Denken werden.

 

4. „Natürliches Bewusstsein" und philosophische Reflexion

Durch die Konfrontation mit Grundfragen der Philosophie lernen die Schülerinnen und Schüler auch, Denkbarrieren zu überwinden, die durch das natürliche Bewusstsein, die Selbstverständlichkeit der alltäglichen Welterfahrung, gegeben sind. Indem sie lernen, philosophische Grundfragen zu stellen, treten die Schülerinnen und Schüler ein in eine philosophische Reflexion, in der das natürliche Alltagsbewusstsein hinterfragt werden kann. Das Selbstverständliche, das scheinbar unüberwindbare So-und-nicht-anders, wird auf diese Weise überwindbar. Neue Sichtweisen und Lösungsmöglichkeiten treten in den Blick. Philosophisches Denken fördert demnach auch die Kreativität, vermittelt die Fähigkeit, neue Wege einzuschlagen und Probleme aus einer anderen Perspektive zu sehen. Der Philosophieunterricht soll den Schülerinnen und Schülern auch die Fähigkeit vermitteln, Gedankenexperimente durchzuführen, das heißt Theorien zu entwickeln, die sie auch dazu befähigen sollen, sich Bereiche des Wahrnehmens und Nachdenkens zu eröffnen, die ihnen sonst im alltäglichen Leben verschlossen sind. Der Unterricht öffnet den Geist der Schülerinnen und Schüler und zeigt ihnen, dass sie neue Denk- und Lösungswege gehen können. Er leitet damit nicht zu einem bestimmten Handeln an, sondern befreit die Schüler von alltäglichen Handlungs- und Denkzwängen, die ihnen nunmehr nicht mehr als „natürlich" erscheinen, da sie lernen über sie zu reflektieren. Damit wird der Philosophie keine bestimmte Funktion zugewiesen, die sie als „nützliches" Fach begründen könnte. Zunächst erscheint ja das Hinterfragen des „natürlichen" Bewusstseins als unnütz und sogar „schädlich". Doch gerade indem das Denken das alltägliche Funktionieren des Denkens und Handelns hinterfragt, kann es fruchtbar werden. Die Wirklichkeit wird für die Schüler durch das Denken theoretisch zugänglich und damit bewältigbar, ohne dass der Philosophieunterricht den Schülern bestimmte Theorien aufzwingen darf, vielmehr sollen sie selber in den Stand gesetzt werden zu eigener Theoriebildung.

Die Philosophie kann so auch im Alltag für die Schülerinnen und Schüler von Bedeutung sein, da sie erkennen, dass ihr Denken und Handeln immer von bewusst oder unbewusst vorhandenen philosophischen Haltungen bestimmt wird, etwa indem sie feststellen, dass sie die Wirklichkeit als naive Realisten auffassen. Der Philosophieunterricht macht den Schülerinnen und Schülern bewusst, welche gedanklichen Begründungen hinter dem naiven Realismus stehen, und er macht sie bekannt mit anderen philosophischen Haltungen, etwa dem Idealismus, so dass sie ihr Haltung in Bezug auf verschiedene philosophische Theorien hin überprüfen und vielleicht ändern können.

 

 5. Der Text und seine „Übersetzung" als Ausgangspunkt des Unterrichts

Jeder Philosophieunterricht basiert auf der Behandlung von Texten. Diese Texte können klassische philosophische Texte, literarische Texte, Zeitungstexte, Werbetexte etc. sein; es können aber auch andere Medien, wie Film oder Hörspiel eingesetzt werden. In erster Linie sollten im Philosophieunterricht repräsentative Auszüge aus Werken der großen Philosophen gelesen werden. Auch Ganzschriften können zur Grundlage des Unterrichts dienen, sollten jedoch nicht zu lang und nicht zu schwer zu lesen sein. Geeignet wäre zum Beispiel die „Abhandlung über die Methode" von René Descartes.

Ausschnitte aus Filmen oder Hörspielen sollten immer in einem klaren Zusammenhang zu dem in der Unterrichtsreihe behandelten Thema stehen. Sie dienen zur visuellen Veranschaulichung der Texte.

Die Texte sollten immer möglichst so gewählt werden, dass von ihnen ein von den Schülerinnen und Schülern nachvollziehbarer philosophischer Impuls zu eigenem Nachdenken ausgeht.

Auch der „textfreie" Unterricht stützt sich immer auf einen heimlichen Text, der zumindest im Bewusstsein des Lehrers im Hintergrund steht. Der Unterricht sollte den Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit zur freien Aussprache geben. Es besteht dabei immer die Gefahr, dass das Gespräch zu einem Gerede, dass aus dem Dialog, ein je monologisches Austauschen von unvereinbaren Standpunkten wird. Dieser Gefahr muss dadurch vorgebeugt werden, dass einerseits das Gespräch durch den Lehrer insoweit durch Impulse gelenkt wird, dass es weder verflacht, noch versandet, und dass andererseits ein wirklicher Austausch von Gedanken ermöglicht wird. Die Schülerinnen und Schüler sollten erkennen, dass eine Position in der Philosophie nie endgültig ist, sondern dass sie immer weiter entwickelt und kritisiert werden kann. Dabei sollten sie jedoch auch lernen, sich offen mit anderen Positionen auseinanderzusetzen und sie nicht als Widerspruch, sondern als Denkanregung zu verstehen.

Das Gespräch mit den Schülern und unter den Schülern sollte nicht an Begriffen und theoretischen Positionen anknüpfen, wie sie etwa durch Texte oder einen Lehrervortrag vorgegeben werden können. Diese müssen immer erst in die Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler übersetzt werden. Diese Übersetzung können die Schüler meist selbst leisten, indem sie sich die Fragestellung bewusst machen, von dem der jeweilige Text ausgeht. So gelangen sie in den Zustand des Staunens, aus dem heraus ein unverstellter und unmittelbarer Zugang zu einer philosophischen Position möglich wird.

6. Philosophieunterricht als Erziehung zu selbständigem Denken

Im Philosophieunterricht machen die Schülerinnen und Schüler einerseits die Erfahrung der eigenen geistigen Fähigkeiten. Sie erkennen, dass die Fragen, mit denen sich die Philosophie befasst, nicht weltfremd und ohne Bezug zu ihnen und ihrem Leben sind, sondern dass diese Fragen sie selbst angehen und dass sie selbst eigene philosophische Theorien entwickeln können. Jeder Schüler erfährt, dass er selbst philosophieren kann, dass Philosophie ursprünglich seit seiner Kindheit sein Denken bestimmt hat, insofern sich jeder bewusst oder unbewusst immer wieder mit den Grundfragen der Philosophie auseinandersetzt. Die Schülerinnen und Schüler erkennen aber auch die Grenzen ihrer eigenen geistigen Fähigkeiten. Sie begreifen, dass das Denken erst ausgebildet werden muss und dass es Regeln des logischen Denkens gibt, deren Anwendung sie erst lernen und üben müssen.

Indem sie lernen, selbst zu denken, stellen sie durch Reflexion fest, dass ihr eigenes Denken auf vielfältige Weise fremdbestimmt ist durch die Sprache, die Kultur, die Tradition, die Erziehung, usw.. Im Philosophieunterricht lernen sie, diese Fremdbestimmungen zu erkennen, um zu einem selbstbestimmten eigenständigen Denken und Handeln fähig zu werden. Der Philosophieunterricht kann deshalb für das Leben der Schülerinnen und Schüler große Auswirkungen haben. Da der Unterricht das Selbstbild, das Selbstverständnis, das Weltbild und die Wertvorstellungen nachhaltig erschüttern kann, kann der Unterricht z.B. durch Missverständnisse für die Schülerinnen und Schüler auch negative Folgen haben. Deshalb ist es notwendig, dass der Lehrer behutsam und mit Bedacht vorgeht, und nicht in erster Linie die Wertvorstellungen und das Weltbild der Schülerinnen und Schüler erschüttert, sondern ihnen positive Werte und Orientierungen anbietet.

 

7. Das Zuhören

Der Lehrer muss in der Lage sein, den Schülerinnen und Schüler zuzuhören. Nur dann kann es ihm gelingen, mit den Schülern ins Gespräch zu kommen. Der Dialog mit ihnen ist die Voraussetzung des Philosophieunterrichts. Wenn der Lehrer den Schülerinnen und Schülern nicht zuhört, sind sie auch nicht bereit, ihm zuzuhören, so dass Unterricht unmöglich wird. Jeder Schüler hat die Fähigkeit zu philosophieren; von Kind auf stellt jeder philosophische Grundfragen. Normalerweise werden solche Fragen abgetan, die Eltern hören schließlich den Kindern gar nicht mehr zu, da diese offensichtlich „Unsinn" reden und scheinbar sinnlose Fragen stellen. Deshalb ist es von großer Bedeutung, dass die Schülerinnen und Schüler im Philosophieunterricht die Erfahrung machen, dass andere ihren Fragen und Äußerungen ernsthaft zuhören. Erst wenn sie die Freiheit haben, diese zu formulieren, sind sie in der Lage, ihre Anlage zum Philosophieren weiter auszubilden. Das bedeutet, dass der Lehrer durch sein Zuhören eine Atmosphäre der Ernsthaftigkeit schaffen muss, die den Unterricht über philosophische Fragen erst ermöglicht. Die Erfahrung, ernst genommen zu werden, indem andere ihnen zuhören, ist eine fundamentale Erfahrung, die die Schülerinnen und Schüler im Philosophieunterricht machen, und die für sie vielleicht der wichtigste Aspekt des Faches Philosophie ist.

 8. Die Zeit

Die wichtigsten Tätigkeiten im Philosophieunterricht sind das Zuhören, das Nachdenken und das Gespräch. Dafür muss man sich Zeit nehmen. Wer es eilig hat, kann weder zuhören, noch nachdenken, noch sorgfältig formulieren. Daher stellt die Begrenzung der Stunde auf 45 Minuten eine besondere Herausforderung für den Philosophielehrer dar. Der Unterricht muss einerseits so organisiert werden, dass weder der Lehrer noch die Schülerinnen und Schüler den Eindruck haben, dass die Zeit knapp ist. Andererseits darf der Unterricht natürlich auch nicht langweilig sein. Ein sicheres Zeichen dafür, das der Unterricht den Schülerinnen und Schülern langweilig erscheint, lässt sich daran erkennen, dass sie ständig auf die Uhr sehen. Es ist deshalb immer wieder notwendig die Aufmerksamkeit der Schülerinnen und Schüler von der Zeit auf den Unterrichtsgegenstand zu lenken, z.B. durch Medien, Lernmittel, Still- und Gruppenarbeit, etc..

Damit das Stundenziel zum Stundenende erreicht wird, muss das Gespräch z.B. durch Impulse und die Annahme von Schüleräußerungen gelenkt werden. Dabei sollte der Lehrer es auch vermeiden, ständig auf die Uhr zu sehen. Am günstigsten ist es, wenn er nur einmal gegen Ende der Stunde auf die Uhr sieht, um sich genügend Zeit für die Hausaufgabe nehmen zu können. Ansonsten verfällt er in einen Zustand der Gehetztheit und Unrast, der sich auf die Schülerinnen und Schüler übertragen und ihre Aufmerksamkeit beeinträchtigen kann.

 9. Kenntnisse, die im Philosophieunterricht vermittelt werden sollen

Die Schülerinnen und Schüler sollten im Philosophieunterricht einen Überblick über die Philosophiegeschichte bekommen und die wichtigsten Philosophen und wichtige Aussagen ihrer Philosophie kennen. Außerdem sollen sie die Problemstellungen und Methoden der Philosophie kennenlernen. Die Vermittlung von Kenntnissen über die Philosophie sollte jedoch nicht im Mittelpunkt des Unterrichts stehen, da dies dann ein mehr oder weniger dogmatisches Dozieren von philosophischen Theorien mit sich bringen würde. Auf diese Weise erworbenes Wissen würde von den Schülerinnen und Schülern auch sehr schnell wieder vergessen. Die Kenntnisse sollten vielmehr in Auseinandersetzung mit den Texten und den darin behandelten Fragen und Theorien erworben werden. Erst im Gespräch und beim Nachdenken kann den Schülerinnen und Schülern deutlich werden, dass das, was der Lehrer ihnen vermitteln möchte, es wert ist, gelernt zu werden. Dann werden die Schülerinnen und Schüler das Gelernte auch viel leichter behalten.

Die zu vermittelnden Kenntnisse sollten nie bloßer Selbstzweck sein, sie sollen vielmehr dem Schüler helfen, Zusammenhänge besser zu verstehen, und in Auseinandersetzung mit verschiedenen Philosophen, eine eigene Position zu formulieren. Die Philosophen sollten den Schülerinnen und Schülern nicht als Lernstoff nahegebracht werden, sondern als „Gesprächspartner", mit deren Texten man in einen Dialog treten kann.

 10. Medien und Lernmittel

Medien (Texte, Filme, Folien, etc.) und Lernmittel (Arbeitsblätter, Plakate, Anschauungsmaterial, etc.) sollten nicht bloßer Selbstzweck sein oder als Unterrichtsdekor verwendet werden. Vielmehr sollten sie einen wirklichen Impuls darstellen, der bei den Schülerinnen und Schülern z.B. Staunen auslösen soll. Die Auswahl des jeweils einzusetzenden Mediums muss danach getroffen werden, ob das Ziel, das angestrebt wird, den Aufwand rechtfertigt. Falls es möglich ist, ein Lernziel auch ohne größeren Medienaufwand zu erreichen, ist es besser, auf Medien zu verzichten. Den Schülerinnen und Schülern muss der Sinn der Medieneinsatzes deutlich werden.

Allerdings ist der Einsatz von Medien und Lernmitteln immer wieder notwendig, um den Unterricht abwechslungsreich und interessant zu gestalten.

 

11. Die Unterrichtseinheit

Eine Unterrichtseinheit umfasst mehrere Stunden und behandelt ein bestimmtes Thema. Die Unterrichtseinheiten sollten untereinander in einem Zusammenhang stehen, in der Weise, dass etwa in einem Halbjahr mehrere Unterrichtsreihen zu einem Oberthema gehalten werden. Dadurch wird es für die Schülerinnen und Schüler leichter die Bedeutung und den Zusammenhang der behandelten Gegenstände zu verstehen. Die in einer Unterrichtseinheit behandelten Texte sollten möglichst verschiedene Positionen zu dem behandelten Thema enthalten, so dass die Schülerinnen und Schüler sich in der Auseinandersetzung mit den verschiedenen Denkansätzen eine eigene Meinung bilden können.

 12. Lernkontrolle und Benotung

Grundlage der Benotung ist die Mitarbeit der Schülerinnen und Schüler und die Qualität ihrer mündlichen und schriftlichen Leistungen. Auch die Lernbereitschaft, das sorgfältige Erledigen der Hausaufgaben und besondere Leistungen müssen berücksichtigt werden.

In jeder Stunde muss mindestens eine Lernkontrolle durchgeführt werden, die für die Schülerinnen und Schüler eine Wiederholung des Gelernten darstellt und die dem Lehrer einerseits einen Eindruck vom eigenen Unterrichtserfolg gibt und die ihm andererseits die Möglichkeit eröffnet, den Lernerfolg der Schülerinnen und Schüler zu bewerten.