Charakterisierung des Karl von Moor in 5.2 von „Die Räuber“

 

Karl Moor, im Drama auch als „Räuber Moor“ bezeichnet, ist eine der Hauptpersonen in Schillers Drama „Die Räuber“ aus dem Jahre 1781, welches in der Epoche des Sturm und Drang geschrieben wurde.

In Akt 1, Szene 2 taucht er zum ersten Mal im Drama auf.

Karl ist der erstgeborene Sohn von Maximilian von Moor. Ebenso ist er der ehemalige Verlobte von Amalia.

Über das Aussehen von Karl wird nichts Greifbares gesagt. Man erfährt nur, dass er schöner als sein Bruder ist. Schätzungsweise ist er Mitte zwanzig, da er sich zuvor nach Leipzig begeben hatte, um dort zu studieren.

Zur familiären Situation bzw. Beziehung ist zu sagen, dass er der Lieblingssohn seines Vaters ist und zugleich auch der alleinige Erbe des gesamten Vermögens. Er besitzt den alleinigen Anspruch auf die Nachfolge seines Vaters.

Wegen der Bevorzugung Karls durch seinen Vater und Amalia ist er für Franz eher ein Rivale als ein Bruder. Daher hat Franz dafür gesorgt, dass Karl glaubt, unerwünscht zu sein. Gleichermaßen hatte er Karl bei seinem Vater und Amalia für tot erklärt. Wegen all dieser Intrigen und Machenschaften wurde Karl gleichsam aus Protest zum Räuberhauptmann einer Bande. Gemeinsam mit ihnen kämpfte er gegen das „Establishment“ an.

Im fünften Akt kehrt er zurück zum Schloss. Besonders in der zweiten Szene erkennt man dass Karl in einem „Wechselbad der Gefühle“ steckt. Da er mit seiner Vergangenheit und seiner Familie konfrontiert wird. Er muss feststellen, dass er nicht mehr derselbe ist, der er einmal war.

Zunächst führt er ein langes Gespräch mit seinem  von ihm befreiten Vater, den Franz für tot erklärt und in einem unweit vom Schloss gelegenen Wald gefangen gehalten hat. Doch gibt er sich anfangs nicht als dessen Sohn zu erkennen. Er ist getarnt und wird von seinem Vater somit auch nicht erkannt. Trotz seines Zorns, den er wegen der Abneigung, welche deutlich im Brief seines Vaters an ihn zu erkennen gewesen ist, haben könnte, hört er seinem Vater geduldig zu ( vgl. S.113, Z.10ff.),. wWas ihm den Anschein gibt, eine faire und nicht nachtragende Person zu sein. Außerdem erscheint er nicht nur geduldig, sondern auch gefühlvoll zu sein. Er lässt sich vom Leid des Vaters erweichen. Als dieser um Verzeihung bittet, verzeiht Karl ihm sofort. Dabei ist er betroffen und fühlt sich verantwortlich, da er selber sagt, dass man ihm vergeben müsse ( vgl. S.113, Z. 24ff.). Dass er in der vergangenen Zeit seinen Vater vermisst hat, zeigt sich auch darin, dass er sich über die Gefühle seines Vaters gegenüber Karl erkundigt ( vgl. S.113, Z.31ff.). Er ist dabei sehr gerührt und scheint auf Anerkennung zu hoffen. Der Bruch mit dem Vater erscheint ihm unwiederruflich und er erklärt sich daher selbst als „ewig verloren“ ( S.114, Z.4). Immer wieder hätte er die Möglichkeit gehabt, seine wahre Identität zu verraten, doch möchte er dies nicht. Auch dies beweist, dass der Schmerz seiner Seele zu groß ist. Jedoch möchte er als Räuberhauptmann vor seinem Vater nicht lediglich als „Schurke“ dastehen, daher gesteht er ihm, dass er ihn aus dem Verlies befreit hat ( vgl. S.114, Z.37f.). Dadurch wird seine vermeintlich gewünschte Reaktion erzeugt. Sein Vater ist ihm gnädig und wohl gestimmt. Um weiter anerkannt zu bleiben, erwidert er die gefühlvollen Gesten seines Vaters ( vgl. S.114, Z. 37f.). Dabei scheint er die Nähe zu genießen und sich heimisch zu fühlen. Er wird wieder an die Vergangenheit erinnert. Somit wird er wieder als liebevoller Sohn dargestellt.

Gegen Ende, als Amalia hinzukommt und seine wahre Identität preisgibt und herauskommt, dass Franz sich selbst getötet hat, gibt er sich seinem Vater zu erkennen ( vgl. S.116, Z. 32f.). In diesem Moment bewirkt er, wasist er seinem Bruder Franz ähnlichvorher nicht gelungen ist, nämlich dass der Vater wegen des Schocks stirbt. Er stirbt aufgrund der psychischen Belastung, was auch der Plan von Franz war. Somit ergibt sich in diesem Falle eine Parallele zwischen den Brüdern, denn Karls Lage ist genauso ausweglos wie diejenige von Franz, der sich mit einer Hutschnur umgebracht hat. (Karl tötet den Vater aber nicht mit Absicht, jedoch bringt er Amalia um.)

Amalia war bevor Karl fortging seine große Liebe, aber nun, da Karl ein Räuberhauptmann ist, ist ihre eine Verbindung zwischen ihnen nicht mehr möglich. Er verhält sich ihr gegenüber so abwertend, da er sich nicht in Gefahr bringen möchte. Auch möchte er nicht, dass sie ihn erkennt, da er keinen Ausweg sieht, tötet er sie schließlich ( vgl. S.116, Z.16ff.) Und obwohl er immer wieder versucht, sich von Amalia fernzuhalten, gelingt ihm das nicht ( vgl. S.117, Z.15ff.). Stattdessen ist er wieder gerührt und gewährt seinen Gefühlen freien Lauf. Dabei verfallen sich die beiden und küssen sich innig und voller Sehnsucht ( vgl. S.117, Z. 29f.) Und doch plagen ihn wieder Zweifel. Ständig ist er wieder hin- und hergerissen. Zum einen möchte er Amalia nicht töten. Er möchte, dass sie ihr Leben ohne ihn lebt ( vgl. S.118. Z.25f.). Ebenfalls möchte er es nicht, dass ein Anderer sie tötet. Er ist eine besitzergreifende Person, da er sie letzten Endes mit den Worten: „Moors Geliebte soll nur durch Moor sterben“, ( S.119, Z.32) tötet. Nicht nur Egoismus spielt hier eine Rolle, sondern auch Empfindsamkeit. Seine Gefühle spielen hier eine wichtige Rolle. Da sie einst seine Verlobte war, lässt er sich auch bei dieser schweren Tat von seinen Empfindungen leiten und zeigt dabei auch, dass das Individuum, sprich das Genie, in jedem einzelnen Menschen, sich nicht von anderen Personen  oder Machtformen leiten oder unterdrücken lässt. Das Genie nimmt sein Leben alleine in die Hand und tut, was es für richtig hält, da es sicher ist, dass ihm alles richtig gelingt, ein Verhalten, worin sich Wildheit und Hybris ausdrückt.

Doch voller Trauer und Scham, gibt er letztendlich auch seinen Posten als Räuberhauptmann auf und bricht somit den Schwur, obwohl er einen Eid abgelegt hat, zu der Räuberbande zu halten. Man kann darin auch eine Aufbegehren Moors gegen die „Ordnung“ der Räuberbande sehen, die er genauso wenig akzeptiert wie die Ordnung der Gesellschaft.

Zum einen zeigt die Auslieferung, die er nach dem Mord an Amalia selbst möchte, dass er nicht so egoistisch und kalt wie Franz ist und sein Uunrecht einsieht. Er möchte sühnen. Doch zum aAnderen ist dies auch ein Widerspruch. Da er selbst vorher gegen eine als ungerecht empfundene Ordnung ankämpfen wollte.

Sein Handeln entspricht der Epoche des Sturm und Drang, in deren Mittelpunkt die Themen, Liebe,es-  und Freundschaft und Geniekult standen. All diese Züge trägt Karl in seiner Art und in seinem Verhalten in einer durch seinen genialischen Charakter übertriebenen Weise. Da die Gesellschaft seinem Genie keine Möglichkeit zur freien Entwicklung und Bildung gibt. Würde er in einer freien Gesellschaft mit seinen Begabungen ein Mensch mit besonderen Talenten geworden, wird er in der Adelsgesellschaft zu einem Verbrecher und Mörder.

Zusammenfassend ist Karl auf seine Art ein Genie, dass am meisten von sich selbst enttäuscht ist. Da er so gehandelt hat, wie er es für wahr empfunden hatte und sich von niemandem etwas abgenommen bzw. etwashat sagen   lassen hat. Gewissenlos scheint er dennoch auch nicht zu sein, da er nicht damit klar kommt getötet zu haben. Karl trägt große Schuld.

Meiner Meinung nach ist erkennbar, dass es Karl nicht um Macht oder Geld geht. Es geht ihm vielmehr um ein freies Leben, in dem er sich frei entfalten kann. Als Genie fordert er genau dies und die Freiheit von staatlicher Gewalt. Dieser Gedanke der individuellen Freiheit ist eigentlich gut, doch sein unbedingtes, rebellisches Verhalten lässt ihn letztendlich zum Zerstörer und Mörder seiner Familie werden. Dies ist unverzeihlich. Zu wünschen wäre ihm gewesen, dass er mir Amalia ein glückliches und gemeinsames Leben hätte führen können.